Stuck entschichten, reparieren und restaurieren in einer Gründerzeitwohnung in Berlin

Wie bekommt man alte Farbe am besten vom Eck- und Deckenstuck?

In der Altbausanierung und der Baudenkmalpflege begegnet uns häufig die spannende und immer wieder sehr schöne Aufgabe Ansammlungen alter Farbschichten zu entfernen und den früheren Urzustand freizulegen.

Insbesondere bei Stuckaturen, die recht häufig in Berliner Altbauwohnungen an Decken und im Eckbereich zwischen Deckenflächen und Wänden anzutreffen sind, aber auch in Treppenhäusern, an Säulen, Fassaden und zahlreichen anderen Oberflächen hat das vielfache Überstreichen in den vergangenen Jahrzehnten zu einem mehr oder weniger starken Konturverlust geführt.

Bevor der massenhafte Einsatz von Dispersionsfarben seinen Siegeszug angetreten hat, wurde Deckenflächen in Innenräumen überwiegend mit Leimfarben gestrichen. Diese sind fast nicht überstreichbar und mussten bei einer Renovierung abgewaschen und neu aufgetragen werden. Wer einmal Leimfarben mit einer Bürste von einer Decke abgewaschen hat, der weiß welcher Aufwand damit verbunden ist. Mein Altgeselle in meiner Berufsausbildung hat mir gerne von seinem Start in die Malerlehre erzählt, wo er wochenlang nur Leimfarben abgewaschen hat. Das Wasser lief oben in den Ärmel rein und unten am Hosenbein wieder raus.

Die Entwicklung der Binder- und Dispersionsfarben war dahingehend ein arbeitserleichternder Fortschritt, der es ermöglichte recht unkompliziert Überholungsanstriche aufzutragen ohne den vorhandenen Altanstrich groß vorzubehandeln.

Langfristig sehr nachteilig dabei ist dabei die Ansammlung vieler Farbschichten mit einer immer größer werdenden Schichtdicke, die dazu führt, dass viele Details und Vertiefungen zugeschlämmt und damit unsichtbar oder die Stuckaturen insgesamt immer unschärfer wurde. Gleichzeitig entsteht mit jedem neuen Anstrich eine höhere Spannung des Anstrichaufbaus, was zu Rissen, Abplatzungen und Abschälungen führen kann.

Die Entschichtung von derartigen dickschichtig zugeschlämmten Stuckprofilen oder Ornamenten ist für uns immer eine interessante Tätigkeit. Mit der richtigen Vorgehensweise vermeidet man Schäden und Frustration. Ich denke an einen unserer Kunden zurück, der den Stuck in seiner Eigentumswohnung wochenlang mit Zahnbürsten von Farbe befreit hat. In einem anderen Fall wurden wir zu einer Stuckreparatur gerufen, nachdem eine andere Firma diesen von alter Farbe befreit hat. Das Ergebnis war katastrophal, da beim Abnehmen der Farbe sämtliche Oberflächen, Profilierungen und Erhabenheiten umfassend und tief zerkratzt wurden.

Bei einer gelungenen Vorbereitung und Planung gelingt es den Stuck schonend, zeitsparend, effizient und mit Liebe zum Detail zu entschichten. Für die Freilegung sind solide Fachkenntnisse und Erfahrungen sehr hilfreich, um aus den vielfältigen, zur Verfügung stehenden Methoden die richtige, bzw. die richtige Kombination festzulegen. Jede Decke mit ihren Anstrichschichten kann anders aufgebaut sein und keine Projekt gleicht dem anderen exakt.
Eine genaue Analyse der Schichten und des Untergrundes, bzw. eine Anordnung von Testflächen kann je nach Umfang und Rahmenbedingungen sehr wichtig sein.

In einigen Fällen kann auf den Einsatz von lösemittelhaltigen Abbeizern verzichtet werden. Wir hatten Fälle bei denen wurde das Lösungsverhalten durch den Einsatz von Abbeizmitteln sogar schlechter als besser.
Weiterhin geht es um eine möglichst schonende Vorgehensweise. Die Originalsubstanz soll nicht, bzw. nur so marginal wie möglich abrasiv bearbeitet werden. Wenn z.B. Schleif- oder Strahlverfahren notwendig sind, müssen diese äußerst sorgsam und an die Bedingungen angepasst eingesetzt werden, so dass kein Substanzverlust entsteht.

Wenn nun die passende Vorgehensweise bestimmt ist und wir mit Freude Stück für Stück den Stuck von den Farbschichten befreien, ist es immer wieder erstaunlich und schön zu sehen, wie viele Details und Feinheiten die Stuckaturen in der Regel aufweisen. Man denkt man hat schon alles freigelegt und bei der Tiefenreinigung des Stucks tauchen noch weitere Liniierungen, Blüten und Strukturen auf. Der Reichtum an Tiefen und feinsten Verzierungen beeindruckt uns immer wieder. 

Nicht selten finden wir in den unteren Schichten Reste von Goldbronzen oder Hinweise auf die frühere Farbgestaltung. Hier unseren handwerklichen Vorfahren auf der Spur zu sein ist zusätzlich bereichernd und faszinierend.

In dem hier bebilderten Projekt war der Einsatz eines Abbeizmittels sehr förderlich für die Effizienz. Wobei immer eine Prüfung auf das passende Abbeizfluid ratsam ist. Die Palette der Anbieter und der Systeme ist recht breit und je nach Art und Schichtdicke der zu entfernenden Anstriche gibt es gewaltige Unterschiede in der Wirksamkeit. Manchmal benötigt es mehrere Abbeizvorgänge mit verschiedenen Abbeizern, um unterschiedliche Bindemittel zu lösen.

Nachdem alle Farbschichten gelöst waren, mussten diverse Rissbildungen und Schadstellen instandgesetzt werden. Hierzu wurden die Bereiche vorbehandelt und mit artverwandtem Gipsmaterial aufgefüllt, modelliert und angeglichen. Hiernach konnte ein neuer Anstrich aufgebracht werden.

Als Fachbetrieb empfehlen wir unseren Kunden für Ihr Projekt eine umfassende Beratung in Anspruch zu nehmen, um Sorgen und Problemen bei der Ausführung im Vorhinein zu begegnen. Wir können leider keine generelle Empfehlung für ein Verfahren aussprechen, da die Bedingungen jedes Objektes zu unterschiedlich sind. Was hier wunderbar funktioniert, kann beim nächsten Projekt unwirksam oder nachteilig sein.

Gerne setzen wir Ihr Projekt für Sie um oder unterstützen und beraten unsere Kunden bei der Eigenausführung.